Gefühlt schwebt die Angst vor Abmahnungen während des gesamten Jahres 2022 über den Köpfen: Das Urteil des Landgerichtes München, das im Januar des Jahres entscheidet, die Einbindung von Google Fonts sei ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung, da sie die Daten der Besucher einer Internetseite in die USA übertragen.
So weit, so gut. Die Design-Schriften können trotzdem behalten werden, installiert werden müssen doch lediglich auf dem Betreiber-Server? Wer jetzt denkt: Klick, Klick, fertig, irrt gewaltig. Die Tücke liegt im Detail. Denn wunschgemäß eingebundene Kalender, Mini-Programme, Captchas und verwendete Formularanwendungen müssen nun Seite für Seite berichtigt und auch ästhetisch auf die vollständig richtige Darstellung und Funktionalität überprüft werden.
Nachvollziehbar, dass kein Seitenbetreiber – also Du, lieber Kunde – über Aufwand und Kosten begeistert ist. Wir, im Übrigen, auch nicht!
Exklusiv für unsere Kunden sorgen wir für Sicherheit!
Und dann geschieht das unfassbare!
Es ist Freitag, spät Nachmittag im August und eine etwas ärgerliche E-Mail einer meiner Lieblingskunden erreicht mich. Ich lese den Text und die gesendeten Anhänge aufmerksam und denke bei mir: Das kann nicht sein! Eine Abmahnung über 170 € wegen eingebundener Google-Fonts … wie bitte? Die Ausführung der neuen Vorgaben ist bereits Anfang des Jahres erledigt.
So kann ich nicht in das Wochenende gehen! Ich bitte meinen Mitarbeiter zum Krisengespräch. Etwas an genervt, wer kann es ihm verdenken – Freitag, kurz vor Freibad bei fast 40 °C Außentemperatur! Also zeige ich ihm zartfühlend, wie ich so bin, das Corpus Delicti, den Beweis des abmahnenden Rechtsanwaltes. „So einen Scheiß programmiere ich nicht!“, ist seine gelassene Antwort. „Guck doch mal: Das sind über 600 Zeilen allein für die Startseite. Dafür brauche ich vielleicht 50, maximal 60. Außerdem gibt es da schon einschlägige Berichte in der Fachpresse für diesen Vogel. Ich schicke Dir mal ein paar Links dazu.“ Sagt es und schlurft gelassen zurück an seinen Arbeitsplatz – dem sonnigen Wochenende entgegen.
Stimmt. Quelltext angucken vergessen! Nicht ganz ohne stolz auf meinen „Scotty“, wie ich meinen Mitarbeiter zu nennen pflege.
Jetzt packt mich der Forensiker in mir. Den Anhang nehme ich unter die Lupe. Und da sind sie – die Spuren des Betruges! Übelst schlampig sind Teile des Codes der Kundenseite in das Dokument, das den Quellcode einer ganz anderen Website zur Grundlage hat, reinkopiert. Auch noch mit gelbem Marker angestrichen! Was für eine Frechheit.
Jetzt bin ich gerüstet!
Kaum eine viertel Stunde nach dem Eintreffen der E-Mail greife ich zum Telefon und rufe bei dem Kunden an und berichte. Er habe sich das auch nicht vorstellen können, meint dieser nun deutlich beruhigt. Und ob ich ihm das kurz zusammenschreiben könne? Reine Ehrensache! Mein forensischer Kurzbericht, nebst Anlagen flattert durch den Äther und ich bin indessen auch wieder ganz bei mir.
Nach einigen weiteren Versuchen dieses und zweier anderer Rechtsanwälte mit der gleichen Masche in den kommenden Wochen, witzeln wir in E-Mails hin und her und nehmen die Sache sportlich. Warum? Weil wir die Pflege und die Ordnung erst nehmen.
Die Wochen vergehen, das Jahr neigt sich dem Ende zu und diese Geschichte bleibt kein Einzelfall.
Und jetzt kommt’s!
Berlin, 21. Dezember – Razzia bei dem, ja genau DEM Rechtsanwalt. Die Berliner Polizei hat einen sorgfältig vorbereiteten Cup gelandet.
Dafür, so finden wir, muss es einen Pokal geben! Diesen möchten wir unseren Cyber-Helden hiermit überreichen. Gut gemacht – zu Weihnachten, wie die Wichtel des Weihnachtsmannes, mit der Rute kommen. Echt Champions League.
Der derzeitige Tatbestand ist wirklich hässlich. Der Vorwurf der Justiz: gewerbsmäßiger Betrug und Erpressung in 2.418 Fällen, davon in rund 400 Fällen wegen versuchter Taten. Insgesamt sollen die Täter fast 350.000 € von Webseitenbetreibern ergaunert haben.
Die vollständigen Berichte von t3n und des TAGESSPIEGELS empfehlen wir hier nachzulesen.
So kann ich es mir nicht verkneifen, mit dem Weihnachtsgruß an den Kunden auch den Artikel mitzuschicken. „Alles richtig gemacht!“, schreibt dieser zurück, mit seinem entspannten Dank für die wundervolle Zusammenarbeit des vergangenen Jahres.
In diesem Sinne!
Wir wünschen zauberhafte Weihnachtszeit und bedanken uns bei allen unseren Kunden und Geschäftspartnern für ein aufregendes Jahr 2022 voller Vertrauen.